Der Balanceakt der Nachfolge in Familienunternehmen:
Persönliche Entwicklung, Innovation und das Dilemma bewährter Prozesse
Direkt „all in“: Es fällt mir immer wieder auf, wie Nachfolger in Familienunternehmen regelrecht in das Unternehmen hineingezogen werden. Mir erging es damals genauso, als ich im Familienunternehmen tätig war. Von Anfang an war ich voll ins Arbeitsleben eingebunden und erhielt Aufgaben und Verantwortung, die anderen Berufsanfängern oder neuen Mitarbeitern oft vorenthalten bleiben. Der Nachteil: Dabei blieb kaum Zeit, um sich mit neuen Entwicklungen, technischen Innovationen, Arbeitsweisen, branchenweiten Netzwerken oder gar der persönlichen Weiterentwicklung auseinanderzusetzen.
Es gibt sie natürlich, die offensichtlichen Vorteile, wie schnelles Wachstum und ein breiterer oder tieferer Wissensschatz. Aber lasst uns die Nachteile nicht verschweigen. Es besteht die Gefahr, wichtige Entwicklungen zu übersehen, Vertriebskanäle nicht optimal zu nutzen und potenzielle Chancen zu verpassen. Als frischer Nachfolger gilt es, auch immer gut aufzupassen, um im Unternehmensalltag nicht unterzugehen und zu lernen, die eigenen Grenzen gut zu wahren.
Manchmal frage ich mich, wie mein Werdegang aussehen würde, wenn ich noch im Familienunternehmen arbeiten würde.
Manchmal ist eine wahre Herausforderung, sich mit neuen Technologien wie Künstlicher Intelligenz, den neuesten Funktionen in den meistverwendeten Programmen und der Optimierung der eigenen Unternehmensprozesse auseinanderzusetzen, neben dem eigentlichen Kerngeschäft. Ich merke auch immer wieder, wie viel Achtsamkeit es braucht, das eigene Handeln zu überprüfen.
Zwischen Bewahren und Innovation:
Frage nach der richtigen Balance
Genau dieses Phänomen beobachte ich auch immer wieder bei anderen Nachfolgern in meinem Umfeld. Sie kommen in ein bestehendes System, ohne etwas Eigenes aufbauen zu können. Oft übernehmen sie funktionierende Prozesse und Arbeitsweisen ihrer Eltern, ohne die Zeit oder manchmal auch die Notwendigkeit zu haben, diese zu überdenken. Es ist ein wahrer Balanceakt zwischen dem Bewahren der bewährten Praktiken und dem Schaffen von Raum für persönliche Entwicklung und Innovation. Wie findet man die richtige Balance zwischen dem, was gut funktioniert, und dem Streben nach Fortschritt und Wachstum?
Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass Veränderung und Innovation notwendig sind, um langfristig erfolgreich zu sein. Neue Technologien, Arbeitsweisen und Marktchancen können entscheidend sein, um sich von der Konkurrenz abzuheben und neue Märkte zu erschließen. Gleichzeitig sollte man die bewährten Prozesse und das vorhandene Know-how nicht einfach über Bord werfen. Sie sind ein wertvolles Gut und haben zur bisherigen Erfolgsgeschichte des Familienunternehmens beigetragen.
Der Schlüssel liegt in der Flexibilität und Offenheit, beides miteinander zu vereinen. Es erfordert Mut, sich selbst kennenzulernen, bewährte Prozesse zu hinterfragen und neue Wege zu gehen. Es bedeutet, die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen kontinuierlich weiterzuentwickeln, um den Anforderungen einer sich ständig verändernden Geschäftswelt gerecht zu werden.
Und diese Balance zwischen Bewahrung und Innovation kann herausfordernd sein. Aber sie ist der Schlüssel zur langfristig erfolgreichen Nachfolge in Familienunternehmen. Es erfordert Mut, Flexibilität und die Bereitschaft, kontinuierlich zu lernen und sich anzupassen.